Ulrich Zwingli
Ulrich (Huldrych) Zwingli wurde am 1. Januar 1484 in Wildhaus geboren. Der wohlhabende Vater ermöglichte ihm die Ausbildung durch Privatlehrer in Basel und Bern. Um einen Beitritt Zwinglis zum Berner Dominikanerorden zu ver-hindern, sandte die Familie ihn 1498 an die weltliche Wiener Universität. 1506 erwarb Zwingli in Basel den philo-sophischen Magistergrad. Er wirkte zunächst als Prediger in Glarus und einige Jahre als Feldpriester der Schweizer Söldner in Oberitalien.
Öffentliche Kritik an der römisch-katholischen Kirche
1519 wurde Zwingli als Leutpriester (Prediger) an den Züricher Großmünster berufen. Seine Predigten waren bald stark von Luthers Schriften beeinflusst. Ermutigt vom Erfolg der Wittenberger Reformatoren kritisierte Zwingli öffentlich die römisch-katholische Kirche, den Kirchenzehnt und das Eheverbot für Priester.
Besonders aufsehenerregend war seine Billigung eines öffentlichen Wurstessens während der Fastenzeit 1522, obgleich das Essen von Fleisch in der Passionszeit untersagt war. Am 29. Januar 1523 stimmte der Stadtrat von Zürich den 67 Thesen Zwinglis zu und ebnete damit der Reformation den Weg. Um gewaltsame Ausbrüche zu verhindern, verlangte Zwingli eine schrittweise Aufhebung der alten Kirchenbräuche und die allmähliche Einführung einer neuen Gottes-dienstordnung.
Radikaler Reformator
Darüber hinaus arbeitete er an der Verbreitung der Reformation über Zürich hinaus nach Bern, Basel, Schaffhausen
und Mühlhausen. In dieser Zeit verfasste er auch eine seiner berühmtesten Schriften, den „Kommentar über die wahre und die falsche Religion" (1525). 1529 traf Zwingli während der Marburger Religionsgespräche auf Martin Luther. Der
Versuch die Reformation durch ein Bündnis der beiden einflussreichen Reformatoren europaweit zu festigen scheiterte am sogenannten Abendmahls-Streit.
Seit 1529 begann Zwingli die geplanten Veränderungen in Zürich radikaler durchzusetzen. Mit einem Ratsbeschluss wurden die Bürger zum Gottesdienstbesuch gezwungen. Gegner wurden der Stadt verwiesen, Täufer hingerichtet und romtreuen Städten mit Krieg gedroht. Ein angeblich bei einer gemeinsamen Milchsuppe geschlossener Frieden mit den romtreuen Fünf Orten der Innerschweiz war daher auch nur von kurzer Dauer.
Im Sommer 1531 drängte Zwingli die Allianz der reformierten Orte zum Krieg gegen die Romtreuen und veranlasste eine erfolglose Lebensmittelsperre. Am 11. Oktober 1531 gelang den Katholiken bei Kappel ein vernichtender Sieg. 500 Züricher verloren ihr Leben, darunter auch Ulrich Zwingli. Er starb als Feldprediger mit dem Schwert in der Hand.
https://www.luther2017.de/de/reformation/und-ihre-menschen/huldrych-zwingli/index.html
Tut um Gottes willen etwas Tapferes!
Ulrich Zwingli
Ulrich Zwingli, Thesen (1522)
1. Die Summe des Evangeliums ist, dass unser Herr Jesus Christus, wahrer Sohn Gottes, uns den Willen seines himmlischen Vaters kundgetan und uns durch seine
Unschuld vom Tod erlöst und mit Gott versöhnt habe.
2. Daher ist Christus der alleinige Weg zur Seligkeit für alle, die da waren, sind oder sein werden.
3. Wer eine andere Tür sucht oder zeigt, der geht irre, ja er ist ein Mörder der Seelen und ein Dieb.
4. Darum gehen alle irre und wissen nicht, was das Evangelium ist, welche andere Lehren dem Evangelium gleich oder höher schätzen.
5. Jesus Christus ist das Haupt und der Wegführer, der dem ganzen Menschengeschlecht von Gott verheißen und gesandt wurde.
6. Christus ist das ewige Heil und das Haupt aller Gläubigen, welche sein Leib sind, der aber ohne ihn tot ist und nichts vermag.
7. Daraus folgt erstens, dass alle, welche in dem Haupt leben, Glieder und Kinder Gottes sind. Und das ist die Kirche oder Gemeinschaft der Heiligen, eine Gemahlin
Christi, „Ecclesia Catholica“ (d.h. allumfassende Kirche).
8. Zum zweiten folgt, dass, wie die leiblichen Glieder ohne Leitung des Hauptes nichts vermögen, also vermag jetzt in dem Leibe Christi niemand etwas ohne sein
Haupt, Jesus Christus.
9. Wie der Mensch verwirrt und zerrüttet ist, wenn die Glieder etwas ohne das Haupt wirken, indem sie sich selbst zerreißen, verwunden und beschädigen, also sind
auch die Glieder Christi, wenn sie ohne ihr Haupt etwas unter-nehmen, verwirrt und schlagen und beschweren sich selbst mit unweisen Gesetzen.
10. Daher sehen wir, dass die sogenannten geistlichen Satzungen über ihre Pracht, Reichtum, Stand, Titel, Gesetze eine Ursache aller Uneinigkeit sind, indem sie mit
dem Haupt nicht übereinstimmen.
11. So toben sie noch stets, nicht des Hauptes wegen – denn dieses sucht man gegenwärtig durch die Gnade Gottes wieder zu seinem Glauben zu erheben – sondern weil
man sie nicht weiter toben lassen, sondern allein
auf das Haupt horchen will.
12. Wenn man auf das Haupt horcht, lernt man lauter und klar den Willen Gottes, und der Mensch wird durch seinen Geist zu ihm gezogen und mit ihm vereinigt.
13. Darum sollen alle Christenmenschen allen Fleiß darauf anwenden, dass allein das Evangelium Christi allent-halben gepredigt werde.
14. Denn im Glauben an dasselbe beruht unser Heil, im Unglauben unser Elend; denn alle Wahrheit ist klar in ihm.
15. Im Evangelium lernt man, dass Menschenlehren und Satzungen zur Seligkeit nichts nützen.
16. Dass Jesus Christus der alleinige, ewige Opferpriester ist, daraus ersehen wir, dass diejenigen, welche sich für Oberpriester ausgegeben haben, der Ehre und
Gewalt Christi widerstreben, ja ihn verdrängen.
17. Jesus Christus, der sich einmal für uns geopfert hat, ist ein in Ewigkeit währendes und bezahlendes Opfer für die Sünden aller Gläubigen.
18. Jesus Christus ist der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen.
19. Weil uns Gott alle Dinge in seinem Namen gewähren will, so entspringt daraus, dass wir auch über diese Zeit keines anderen Mittlers bedürfen als seiner.
20. Jesus Christus ist unsere Gerechtigkeit; daraus ermessen wir, dass unsere Werke, insofern sie Christi sind, gut, insofern sie aber nur von uns herstammen, weder
recht noch gut sind.
21. Wenn wir auf Erden füreinander beten, so geschieht es im Vertrauen, dass uns alle Dinge durch Jesus Christus allein verliehen werden.
22. Gott allein verzeiht die Sünde und zwar allein durch Jesus Christus, seinen Sohn, unsern Herrn.
Quelle: Christoffel, Zwinglis Leben und ausgewählte Schriften, Bd. II, Elberfeld 1857. Der Text wurde von mir sprachlich modernisiert.
UWD
https://www.glaubensstimme.de/doku.php?id=autoren:z:zwingli:zwingli-zwinglis_thesen_1522
Artikel für das 1. Religionsgespräch zu Zürich, 29. Jan. 1523
Ich, Huldreich Zwingli, bekenne, daß ich diese nachher angeführten Artikel und Meinungen in der löblichen Stadt Zürich gepredigt habe, auf Grund der heiligen Schrift, die theopneustos - d.h. von Gott inspiriert - heißt,
und ich anerbiete mich, gemäß der heiligen Schrift diese Artikel zu verteidigen, und mich, falls ich die heilige Schrift nicht recht verstünde, eines Andern belehren zu lassen, doch nur aus der heiligen Schrift.
1. Alle, welche reden, das Evangelium sei nichts ohne die Bewährung der Kirche, irren und schmähen Gott.
2. Die Summe des Evangeliums ist, daß unser Herr Christus Jesus, der wahre Sohn Gottes, uns den Willen seines himmlischen Vaters kundgetan und mit seiner Unschuld uns vom Tode erlöst und mit Gott allem menschlichen Geschlecht von Gott verheißen und auch geleistet.
3. Somit ist Christus der einzige Weg zur Seligkeit für alle, die je waren, sind und sein werden.
4. Wer eine andere Tür sucht oder zeigt, der irrt, ja, der ist ein Mörder der Seelen und ein Dieb.
5. Deshalb irren alle diejenigen, die andere Lehren dem Evangelium gleich oder höher stellen; sie wissen nicht, was Evangelium ist.
6. Christus Jesus ist der Wegführer und Hauptmann, allem menschlichen Geschlecht von Gott verheißen und auch geleitet,
7. daß er ewiges Heil und Haupt ist aller Gläubigen, die sein Leib sind, der aber ohne ihn tot ist und nichts vermag.
8. Aus dem folgt erstens, dass alle, die in dem Haupte leben, Glieder und Kinder Gottes sind. Und das ist die Kirche oder Gemeinschaft der Heiligen, Christi Ecclesia catholica.
9. Zweitens, daß, wie die leiblichen Glieder ohne Leitung des Hauptes nichts vermögen, so in dem Leibe Christi niemand etwas vermag ohne sein Haupt, Christus.
10. Wie es um den Menschen schlecht bestellt ist, wenn die Glieder etwas ohne das Haupt tun - sie reißen, verwunden, schädigen sich selbst -, ebenso ist es, wenn die Glieder Christi etwas ohne ihr Haupt, Christus, unternehmen - es ist schlecht um sie bestellt, sie schlagen und beschweren sich selbst mit unweisen Gesetzen.
11. Deshalb sehen wir, daß die Satzungen der sogenannten Geistlichen über ihren Prunk, Reichtum, Stand, Titel, Gesetze eine Ursache aller Torheit sind; denn sie stimmen mit dem Haupt nicht überein.
12. Also handeln sie töricht, nicht von des Hauptes wegen - denn man gibt sich alle Mühe, dieses durch die Gnade Gottes wieder ans Licht zu bringen -, sondern weil man sie nicht mehr länger will törichtes Zeug treiben lassen, sondern nur auf das Haupt hören.
13. Wenn man auf das Haupt hört, erlernt man den Willen Gottes deutlich und klar, und der Mensch wird durch seinen Geist zu ihm gezogen und in ihn verwandelt.
14. Darum sollen alle Christenmenschen ihren höchsten Fleiß darauf verwenden, dass überall allein das Evangelium Christi gepredigt wird;
15. denn im Glauben besteht unser Heil und im Unglauben unsere Verdammnis; alle Wahrheit ist nämlich klar in ihm.
16. Im Evangelium lernt man, dass Lehren und Satzungen der Menschen zur Seligkeit nichts nützen.
Vom Papst
17. Daß Christus ein einiger, ewiger, oberster Priester ist. Daraus ersehen wird, daß die, die sich als oberste Priester ausgegeben haben, der Ehre und Gewalt Christi widerstreben, ja, sie verwerfen.
Von der Messe
18. Daß Christus, der sich selber einmal aufgeopfert, ein in die Ewigkeit wirkendes und bezahlendes Opfer sei für die Sünde aller Gläubigen. Daraus wird erkannt, daß die Messe nicht ein Opfer, sondern ein Wiedergedächtnis des Opfers, und eine Versicherung der Erlösung sei, die Christus uns geleistet hat.
Von der Fürbitte der Heiligen
19. Daß Christus allein Mittler ist zwischen Gott und uns.
20. Daß uns Gott alle Dinge will in seinem Namen geben. Daraus ergibt sich, daß wir für das Jenseits keines Mittlers bedürfen als seiner.
21. Daß wir, wenn wir auf Erden für einander bitten, es also tun, daß wir darauf vertrauen, daß uns allein durch Christus alle Dinge gegeben werden.
Von den guten Werken
22. Daß Christus unsere Gerechtigkeit ist. Daraus ermessen wir, daß unsere Werke, soweit sie aus Christus sind, gut, soweit sie aber aus uns sind, nicht gut sind.
Vom Gut der Geistlichen
23. Daß Christus die Habe und Pracht dieser Welt verwirft. Daraus ermessen wir, daß die, welche Reichtümer in seinem Namen an sich ziehen, ihn schwer schädigen, da sie ihn zu einem Deckmantel ihres Geizes und Mutwillens machen.
Vom Speiseverbot
24. Daß kein Christ zu den Werken, die Gott nicht geboten hat, verpflichtet ist. Er darf also zu jeder Zeit jegliche Speise essen. Daraus zu lernen ist, daß Käse- und Butterbriefe (1) ein päpstlicher Betrug sind.
Von Feiertagen und Wallfahrten
25. Daß Zeit und Ort den Christenmenschen unterworfen sind und nicht der Mensch ihnen. Daraus wird erlernt, daß die, welche Zeit und Ort beschränken, die Christen ihrer Freiheit berauben.
Von Kutten, Kleidung, Abzeichen
26. Daß Gott nichts mißfälliger ist als Heuchelei. Daraus können wir erlernen, daß Alles, das sich vor den Menschen heuchlerisch für besser ausgibt, als es ist, eine schwere Heuchelei und Verruchtheit ist. Hier fallen dahin Kutten, Abzeichen, Tonsur etc.
Von Orden und Sekten
27. Daß alle Christenmenschen Brüder Christi und untereinander Brüder sind und keiner sich zum Vater über die andern erheben soll. Hier fallen hin Orden, Sekten, Rotten.
Von der Ehe der Geistlichen
28. Daß Alles, was Gott erlaubt oder nicht verboten hat, recht ist. Daraus wird erlernt, daß die Ehe allen Menschen zieme.
29. Daß alle die, die man Geistliche nennt, sündigen, wenn sie, nachdem sie inne geworden sind, daß Gott ihnen Enthaltsamkeit versagt hat, sich nicht durch die Ehe bewahren.
Vom Gelübde der Keuschheit
30. Daß all die, die Keuschheit geloben, kindisch oder närrisch zu viel versprechen. Daraus erlernt man, daß die, welche solche Gelübde abnehmen, frevelhaft an den frommen Menschen handeln.
Von dem Bann
31. Daß den Bann kein einzelner Mensch auflegen kann, sondern die Kirche, das heißt: die Gemeinschaft derer, unter welcher der zu Bannende wohnt, gemeinsam mit dem Wächter, das heißt: Pfarrer.
32. Daß man nur den mit dem Bann bestrafen darf, der öffentlich Ärgernis gibt.
Von unrechtmäßigem Gut.
33. Daß unrechtmäßiges Gut nicht den Tempeln, Klöstern, Mönchen, Pfaffen, Nonnen, sondern den Bedürftigen gegeben werden soll, wenn es dem rechtmäßigen Besitzer nicht wieder zurückerstattet werden kann.
Von der Obrigkeit
34. Die sogenannte geistliche Gewalt hat für ihre Herrschaft keinen Grund in der Lehre Christi.
35. Aber die weltliche Gewalt hat Kraft und Bestätigung in der Lehre und Tat Christi.
36. Alle Gerichtsbarkeit, welche sich die sogenannte geistliche Obrigkeit anmaßt, kommt der weltlichen Obrigkeit zu, sofern diese christlich sein will.
37. Der weltlichen Obrigkeit sind auch alle Christen, Niemand ausgenommen, Gehorsam schuldig,
38. wofern sie nichts gebieten, das wider Gott ist.
39. Darum sollen alle ihre Gesetze dem göttlichen Willen gleichförmig sein, also daß sie den Gedrückten schirmen,
auch wenn er nicht klagt.
40. Sie allein hat das Recht, ohne den Zorn Gottes auf sich zu ziehen, Todesstrafe auszusprechen, und zwar allein gegen die, welche öffentlich Ärgernis geben, Gott gebiete denn etwas Anderes.
41. Wenn sie nach Gerechtigkeit Rat und Hülfe denen gewähren, für die sie vor Gott Rechenschaft ablegen müssen,
so sind diese auch schuldig, für deren leiblichen Unterhalt zu sorgen.
42. So sie aber untreu und außer der Richtschnur Christi fahren würden, mögen sie mit Gott entsetzt werden.
43. Summa: Dessen Reich ist das aller beste und festeste, der allein mit Gott herrscht, und dessen Reich ist das böseste und schwächste, der nach seiner eigenen Willkür herrscht.
Vom Gebet
44. Die wahren Anbeter rufen Gott im Geist und in der Wahrheit an, ohne alles Geschrei vor den Menschen.
45. Heuchler tun ihre Werke, damit sie von den Menschen gesehen werden; sie empfangen auch ihren Lohn in dieser Zeit.
46. So muß daraus folgen, daß Tempelgesang oder Geschrei ohne Andacht und nur um Geldes willen entweder Ruhm vor den Menschen oder Gewinn sucht.
Vom Ärgernis geben
47. Ein Mensch soll lieber den leiblichen Tod erleiden, als daß er einem Christenmenschen Ärgernis gebe oder ihn in Schande bringe.
48. Wer aus Schwäche oder Unwissenheit ohne Ursache Ärgernis nimmt, den soll man nicht schwach oder unwissend bleiben lassen, sondern ihn stark machen, damit er nicht für Sünde halte, was nicht Sünde ist.
49. Größeres Ärgernis kenne ich nicht, als daß man den Geistlichen zu heiraten nicht erlaubt, aber gegen Bezahlung einer Summe Geldes Huren zu halten gestattet.
Vom Vergeben der Sünde
50. Gott allein vergibt die Sünde durch Christus Jesus, unsern Herrn.
51. Wer solches der Kreatur erlaubt, der entzieht Gott die Ehre und gibt sie dem, der nicht Gott ist. Das ist aber eigentliche Abgötterei.
52. Deswegen soll man die Beichte, die man dem Priester oder dem Nächsten ablegt, nicht für ein Vergeben der Sünde, sondern für ein Fragen um Rat halten.
53. Aufgelegte Bußwerke kommen aus menschlichem Ermessen - den Bau ausgenommen -; sie nehmen die Sünde nicht weg, sondern werden nur aufgelegt, damit andere darob erschrecken.
54. Christus hat alle unsere Schmerzen und Leiden getragen. Wer nun den Bußwerken zuschreibt, was allein Christi ist, der irrt und schmäht Gott.
55. Wer sagt, daß dem reuigen Menschen irgend eine Sünde nicht vergeben werden könne, der wäre nicht an Gottes, noch Petrus, sondern an des Teufels Statt.
56. Wer gewisse Sünden nur um Geldes willen vergibt, ist Simons und Bileams Genosse und ein richtiger Apostel des Teufels.
Vom Fegfeuer
57. Die wahre, heilige Schrift weiß nichts von einem Fegfeuer nach diesem Leben.
58. Das Gerichtsurteil über die Abgeschiedenen ist nur Gott bekannt.
59. Je weniger uns Gott davon hat wissen lassen, um so weniger sollen wir versuchen, etwas davon zu wissen.
60. Wenn ein bekümmerter Mensch Gott für die Gestorbenen um Gnade anruft, so verwerfe ich dies nicht. Doch das an eine bestimmte Zeit binden und um des Gewinnes willen lügen, ist nicht menschlich, sondern teuflisch.
Von der Priesterschaft
61. Von dem Charakter, den sich die Priester in den letzten Zeiten beigelegt haben, weiß die heilige Schrift nichts.
62. sie kennt überhaupt nur solche Priester, welche das Gotteswort verkündigen;
63. diesen heißt sie Ehre erweisen, d.h. ihnen leibliche Nahrung bieten.
Vom Abstellen von Mißbräuchen
64. Alle, welche ihren Irrtum erkennen, soll man nichts entgelten lassen, sondern sie in Frieden absterben lassen und dann mit ihren priesterlichen Einkünften nach christlicher Liebe verfahren.
65. Die ihren Irrtum nicht erkennen wollen, mit denen wird Gott wohl handeln. Darum soll man mit ihrem Leib keine Gewalt vornehmen, es wäre denn, daß sie so ungestaltlich sich aufführten, daß man nicht ohne das auskommen könnte.
66. Es sollen alle geistlichen Vorgesetzten sich eilends demütigen und allein das Kreuz Christi aufrichten, nicht die Geldkiste, sonst gehen sie zu Grunde; die Axt ist an den Baum gelegt.
67. Wenn Jemand begehrte mit mir eine Disputation zu halten betreffend die Zinsen, Zehnten, die ungetauften Kinder, die Firmung, so anerbiete ich mich gerne zur Beantwortung.
Hier versuche Keiner zu streiten mit Sophisterei oder menschlichem Geschwätz, sondern komme, indem er die heilige Schrift als Richter anerkenne, damit man entweder die Wahrheit finde oder, so sie, wie ich hoffe, schon gefunden ist, behalte. Amen!
Das walte Gott!
Quelle: Meltzer, Hermann - Kirchengeschichtliches Quellenlesebuch
(1) Vom Papst erlassene „Butterbriefe“ erlauben in Gegenden, in welchen Speiseöl schwer zu erhalten ist, den Genuß von „Lacticinien“ (d.h. Milch, Butter, Käse, Eier) in der Fastenzeit.
Nach den Worten Karl Barths lässt sich "Zwinglis ganzes Christentum zusammenfassen" in einem Satz seines Briefes am 16.06.1529 aus dem Lager bei Kappel: "Tut um Gottes willen etwas Tapferes!"
Ein protestantischer Pfarrer, der für die Reformation in den Glaubenskrieg gezogen ist, der selbst mit dem Schwert gekämpft hat und schließlich im Kampf gefallen ist? Das entspricht nicht den pazifistischen Einstellungen der meisten zeitgenössischen Protestanten. Glaubenskriege, wie es sie nach der Reformation gegeben hat, sind Protestanten in der Neuzeit und Moderne fremd geworden. Aber in Nordirland hat es sie auch noch im 20. Jahrhundert gegeben.
Sind diese pazifistischen Erwartungen heutiger Protestanten nur das Resultat der Trennung von Kirche und Staat, die zwar auch schon von Augustinus und Luther anvisiert worden war, aber erst in der Neuzeit und Moderne realisiert werden konnte? Sind nur das Resultat der Entstehung von moderner Demokratie und Rechtstaatlichkeit mit einem Gewaltmonopol des Staates und der Herrschaft von Gesetz unter einer Verfassung (rule of law) in Europa und der westlichen Hemisphäre der Welt? Oder sind sie nicht vielmehr die reifen, aber späten Früchte der Verkündigung des Evangeliums nach langen blutigen Querelen?
Was würde geschehen, wenn Judentum und Christentum, in Deutschland, in Europa und in der westlichen Hemisphäre der Welt an ihrer früheren Kraft verlören, Bildung, Kultur und Politik mit zu prägen? Ließen sich dann die zivilisatorischen Errungenschaften der modernen Demokratie und Rechtstaatlichkeit mit Gewaltmonopol und der Herrschaft von Gesetz unter einer Verfassung auf Dauer erhalten? Oder würde dann nicht wieder der Autoritarismus und der Militarismus zunehmen wie in China, in Russland und teilweise auch in den USA? Könnten dann nicht auch in Europa wieder autoritäre oder gar totalitäre Regime wie im 20. Jahrhundert entstehen?
In China, wo die kulturell und politisch mitprägende Kraft von Judentum und Christentum fehlen, gibt es keine moderne Demokratie und keine souveräne Rechtsstaatlichkeit. In Taiwan hingegen schon. In Russland, wo die kulturell und politisch prägende Kraft von Judentum und Christentum nicht fehlen, gibt es aber trotzdem keine moderne Demokratie und keine souveräne Rechtsstaatlichkeit. In der Ukraine hingegen will sie die Mehrheit der Menschen. In Indien, der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt kehrt lange nach dem Ende der britischen Kolonialisierung und nach der Abspaltung des vorwiegend islamischen Pakistan, ein Hindunationalismus zurück, der zu einem Zuwachs an Korruption und Repressionen gegen buddhistische, christliche und vor alle islamische Minderheiten geführt hat.
Israel ist die einzige moderne Demokratie im Nahen Osten, die über einen souveränen Rechtsstaat verfügt. In den USA verbündeten sich seit dem Aufkommen der Evangelikalen gegen Ende der 1970-er Jahre ein bornierter Bibelfundamen-talismus mit geschäftstüchtigen und heuchlerischen TV-Predigern des amerikanischen Health-and-Wealth-Gospels. Die evangelikale und rechtspopulistische Tea-Party-Bewegung vermischte sich mit den plutokratischen und sozialdarwinisti-schen Kräften von marktradikalen Libertariern innerhalb und außerhalb der republikanischen Partei, die von dem Reality-TV-Star und Immobilienmogul Donald J. Trump gekapert wurde.
Moderne Demokratie und souveräne Rechtstaaten sind demzufolge keine geschichtlichen Errungenschaften von Judentum und Christentum, sondern mussten meistens gegen sie durchgesetzt werden, da sie ihnen von ihren Heiligen Schriften und Traditionen her unbekannt gewesen sind. Judentum und Christentum waren ursprünglich im Alten Israel und dann ab der Konstantinischen Wende über viele Jahrhunderte hinweg immer mit Monarchien verbunden. Das änderte sich erst mit der der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika. Die USA sind die einzige Demokratie der Welt, die von demokratisch gesinnten Föderalisten gegründet wurde, die vorwiegend von den christlichen Philosophen der schottischen Aufklärung geprägt waren, um den vorwiegend aus Europa stammenden verfolgten Christen eine neue Heimat zu geben.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft ist auch keine christliche Nation, sondern ein säkularer Bundesstaat, der aus 26 weitgehend souveränen Kantonen besteht. Die Schweiz gilt als eine "Willensnation". Ihre nationale Identität und der Zusammenhalt ihrer Bürger basieren weder auf einer gemeinsamen Sprache noch einer gemeinsamen ethnischen Herkunft noch einer gemeinsamen Religion, sondern auf politischen Einstellungen wie dem Glauben an die direkte Demokratie, an ein hohes Mass an lokaler und regionaler Autonomie sowie an eine ausgeprägte Kultur der Bereitschaft zu Kompromissen bei der politischen Entscheidungsfindung.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft ging aus den Urkantonen Uri, Schwyz und Unterwalden hervor. Ihr Name leitet sich vom Kanton Schwyz und dessen gleichnamigem Hauptort her. Als Gründungsdokument gilt der Bundesbrief von 1291, die älteste erhaltene Bündnisurkunde. Mit dem Frieden zu Basel wurde die Schweiz 1499 faktisch aus dem Bund des Heiligen Römischen Reichs herausgelöst. Staatsrechtlich wurde ihre politische Unabhängigkeit im Westfälischen Frieden von 1648 anerkannt. Unter dem Einfluss des revolutionären Frankreich entstand 1798 die jedoch nur kurzlebige, zentralstaatlich verfasste Helvetische Republik. Aber nach deren Ende 1803 wurde die Schweizerische Eidgenossenschaft wiederhergestellt, blieb jedoch bis 1813 ein französischer Vasallenstaat. Infolge des Sonderbundskrieges entstand 1848 der heutige Bundesstaat Schweiz.
Juden und Christen sind von Hause aus keine Demokraten, Muslime erst recht nicht. Eigentlich gibt es keine Religion der Menschheit, die von Hause aus demokratisch verfasst ist. Auch in Deutschland haben sich Christen bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts immer mit der Demokratie schwer getan. Die sog. "Deutschen Christen" waren sogar von Hitlers Macht-ergreifung begeistert und haben dem antisemitischen und rassistischen Führerkult nicht widerstanden. Aber das war eine unchristliche Verirrung, die gerade aus der Aufgabe des Kerns christlichen Glaubens resultierte. Nur die Laien, Pfarrer und Theologen der "Bekennenden Kirche" haben der Gleichschaltung durch die Nazis widerstanden. Auch Papst Piuis XII., der Vatikan und die meisten römischen Kleriker haben zu der Deportation und Vernichtung der Juden und anderer Minderheiten durch die Nazis in ganz Europa geschwiegen.
Die katholisch-nationalistische PIS-Partei in Polen und die anti-liberale Fidesz-Partei von Viktor Orban in Ungarn halten sich zwar auch für christliche und nationale Sammlungsbewegungen, aber verwerfen zugleich die christliche Trennung von Kirche und Staat, die sich sogar auf die jüdische Trennung von Tempel und Königshaus zurückführen lässt. Beide Parteien benutzen christliche Bindungen und Traditionen für ihre politische Ambitionen. Beide autoritäre Parteien versuchen den vormals säkularen und souveränen Rechtstaat in ihrem Sinne umzufunktionieren. Damit werden nicht nur die jüdischen Mitbürger, Sinti und Roma, Lesben und Schwule sowie andere Minderheiten ständig unter Druck gesetzt. Diese problematische Verbindung des christlicher Traditionen mit einer nationalistischen Machtpolitik schadet letztlich beiden, dem Staat wie der Kirche. Der christliche Glaube wird korrumpiert.
Von den beiden deutschen christdemokratischen Parteien steht nur die CDU ganz klar für einen Erhalt der modernen Demokratie und der souveränen Rechtstaatlichkeit mit Gewaltmonopol und der Säkularisierung eines weitgehend religiös neutralen Rechtsstaates ein. Bei ihrer bayerischen Schwesterpartei, der CSU hingegen gibt es gelegentliche Grenzüberschreitungen hin zur Aufhebung der christlichen Trennung von Kirche und Staat. Das liegt nicht zuletzt an
der von der Bundesverfassung abweichenden Grundsätzen der Verfassung des Freistaates Bayern. UWD
«Herr, sollen wir mit dem Schwerte dreinschlagen?»
Das Motto des Zwingli-Denkmals bedurfte schon 1885 einer Rechtfertigung