Deutsche Energiepolitik

 

 

Die Sorglosigkeit hatte System

 

Deutschlands Energiepolitik war eine Mischung aus organisierter Sorglosigkeit, institutionellem Starrsinn und kollektiver Selbstgerechtigkeit, kommentiert Moritz Koch vom Handelsblatt die Gaskrise. Spätestens im letzten Sommer hätte die Vorgängerregierung erkennen müssen, dass der Kreml Energie als Waffe einsetze.

 

Deutschlandfunk: Ein Kommentar von Moritz Koch | 09.07.2022

 

 Es ist so weit: Das Datum, dem die deutsche Wirtschaft seit Wochen entgegen zittert, steht unmittelbar bevor. An diesem Montag beginnen Wartungsarbeiten an der Ostseepipeline Nord Stream 1, die Gaszufuhr wird unterbrochen. Eigentlich ein Routinevorgang, doch die Bundesregierung rechnet inzwischen damit, dass Russland die Pipeline nicht wieder aufdreht und die Gaslieferungen nach Deutschland dauerhaft einstellt.

 

Dieser Angriff war absehbar, er war Teil von Putins Kriegsplanungen, die wirtschaftliche Flankierung des Überfalls auf die Ukraine. Spätestens im vergangenen Sommer hätte die Vorgängerregierung erkennen müssen, dass der Kreml Energie als Waffe einsetzt. Denn trotz hoher Gaspreise verzichtete der russische Energiekonzern Gazprom darauf, zusätzliches Gas nach Europa zu leiten. Die deutschen Gasspeicher füllten sich nicht, vor allem jene nicht, die Gazprom selbst betrieb.

 

In Berlin glaubte man lieber den Russen

 

„Man fragt sich, warum niemand daraus einen Schluss gezogen hat, dass gerade die Speicher, die russischen Unternehmen gehören, so leer geworden sind – so auffällig leer“, sagte Scholz vor ein paar Tagen. Man fragt sich das tatsächlich. Aber man könnte diese Frage natürlich auch dem Mann stellen, der im vergangenen Jahr als Finanzminister und Vizekanzler am Kabinettstisch saß.

 

Am Rande eines wirtschaftlichen Desasters

 

Die Ampel-Koalition muss nun in wenigen Monaten korrigieren, was Merkels Regierungen in 16 Jahren nicht für nötig hielten: eine Alternative für russisches Gas aufzutreiben. Doch es wäre zu leicht, die Schuld an dem Debakel an einzelnen Personen festzumachen. Die Sorglosigkeit hatte System. Deutschland sah keinen Grund, die Besitzer von Gasspeichern zum Auffüllen ihrer Reservoirs zu verpflichten. Erst jetzt wird das geändert. Deutschland sah auch keinen Grund, Investoren in die Gasinfrastruktur sonderlich kritisch zu überprüfen.

 

Das Ergebnis war eine bizarre Kombination aus Laissez-faire und Dirigismus. Deutschland meinte, den Gasmarkt privatisiert zu haben – hatte ihn tatsächlich aber in Teilen an Russland übertragen. Die deutsche Regierung hielt sich raus, die russische nicht. Das reicht, um zu verstehen, warum die Bundesrepublik am Rande eines wirtschaftlichen Desasters steht.

 

Es wird darum gehen, den sozialen Frieden zu wahren

 

Die Kosten dieses Leichtsinns werden nun sozialisiert, man kennt das aus der Finanzkrise. Versorger wie Uniper sind zu groß zum Scheitern, sie werden vom Staat gerettet. An Freitag bat der Konzern den Bund offiziell um Hilfe. Spitzt sich die Gaskrise weiter zu, sollen die Belastungen per Umlage möglichst gleichmäßig über die Bürger verteilt werden, so sieht es der Plan der Ampel vor. Es kommen schwere Zeiten auf das Land zu, es wird darum gehen, den sozialen Frieden zu wahren. Whatever it takes.

 

https://www.deutschlandfunk.de/deutschland-gas-russland-energiekrise-100.html

 



 

Den klimaschädlichen nationalen Alleingang beenden

 

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags hat sich heute mit der „Stuttgarter Erklärung“ befasst, ein Aufruf zum grundsätzlichen Umdenken in der Energiepolitik. Einer der Initiatoren ist André D. Thess, Professor für Energiespeicher an der Universität Stuttgart. Wir dokumentieren seine Rede vor dem Petitionsausschuss im Wortlaut.

 

GASTBEITRAG VON ANDRÉ D. THESS am 9. November 2022 in CICERO ONLINE

 

Sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages,

Sehr geehrte 58.477 Unterstützer unserer Petition,

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

die phänomenale Sicherheit der Luftfahrt zeigt sich, wenn ein mit 300 Passagieren und 100 Tonnen Treibstoff startender Airbus A350 selbst bei einem unwahrscheinlichen Triebwerksausfall und einem noch unwahrscheinlicheren Herztod des Flugkapitäns vom Ersten Offizier nach einer Platzrunde sicher gelandet werden kann.

 

Das deutsche Stromnetz ist komplexer als ein Airbus. Ein Blackout fordert mehr Menschenleben als ein Flugzeugabsturz. Das Abschalten von Kernkraftwerken mitten in der Energiekrise ist ein Risiko für 83 Millionen Bürger. Da auch die Bundesregierung dieses Risiko erkannt hat, nimmt sie Kohlekraftwerke wieder in Betrieb. Dies jedoch steht im Widerspruch zu deutschen Emissionszielen. Wie der Expertenrat der Bundesregierung jüngst feststellte, werden wir die Ziele für 2030 mit den derzeitigen Mitteln nicht erreichen.

 

Kernenergie ist unsere Schlüsseltechnologie

 

Um die Öffentlichkeit über diese Risiken aufzuklären und eine Rettungsgasse zu bahnen, haben am 26. Juli 2022 unter Mitwirkung meiner geschätzten Kollegin Anna Veronika Wendland die sechs Professorinnen di Mare, Eckert, Enders, Hentschel, Hillerbrand und Luke sowie die vierzehn Professoren Atakan, Beckmann, Dilger, Hurtado, Kind, Koch, Meyer, Schilling, Schwarz, Steigleder, Stieglitz, Wegner, Wetzel und Thess die Stuttgarter Erklärung gegen den Atomausstieg unterzeichnet. Diese Erklärung ist Grundlage unserer Petition.

 

Auf der Basis unserer wissenschaftlichen Expertise stellen wir drei Forderungen an unser Parlament:

 

Wir benötigen erstens einen Weiterbetrieb der drei laufenden Kernkraftwerke über den 15. April 2023 hinaus. Dazu fordern wir die Streichung der Passagen aus Paragraf 7 des Atomgesetzes, die dem Weiterbetrieb entgegenstehen.

 

Wir benötigen zweitens für die Energiesicherheit auch die drei stillgelegten Kraftwerke. Dazu fordern wir ein Rückbau-Moratorium und eine rasche Evaluierung der Möglichkeiten ihrer Wiederinbetriebnahme.

 

Wir benötigen drittens eine Abwägung zwischen den Risiken des Klimawandels und den Risiken der Kernenergie. Dazu fordern wir eine breite öffentliche Debatte auf wissenschaftlicher Basis.

 

Die Kernenergie ist unsere Schlüsseltechnologie an der Schnittstelle von Versorgungssicherheit und Klimaschutz. Sie vereint zwei Vorteile: Sie ist klimafreundlich wie Sonne und zuverlässig wie Kohle.

 

Zubau von Erneuerbaren löst das Problem nicht

 

Deutschland emittiert pro Kopf doppelt so viel CO2 wie Frankreich. Mit der Rückholung von Kohlekraftwerken und dem Abschalten der CO2-armen Kernenergie wird sich dieses Verhältnis weiter verschlechtern. Auch der Zubau von Erneuer-baren löst das Problem nicht. Denn gesicherte Leistung aus Kernenergie kann nicht durch schwankende Erzeuger er-setzt werden. Wir fordern daher, die Kernenergie neben Sonne und Wind als dritte Klimaschutzsäule zu nutzen.

 

Die Zahlen sprechen für sich: Würden wir die sechs betriebsfähigen Kernkraftwerke am Netz halten und Kohle in gleichem Umfang abschalten, könnte Deutschland rund zehn Prozent CO2-Ausstoß sparen. Schon ein einziges Kernkraftwerk hat ein dreimal höheres CO2-Minderungspotenzial als ein Tempolimit auf 120 km/h.

 

Weltklimarat IPPC ist für Atomkraft

 

Ich möchte meinen Appell mit einem Zitat aus Kapitel 2.4.2. des IPCC-Berichts von 2018 beschließen: „Einige Charak-teristiken der Energieversorgung sind in den 1,5-Grad-Szenarien dieses Kapitels evident: ein wachsender Anteil von Energie, die aus CO2-armen Quellen einschließlich erneuerbarer Energie, Kernenergie und fossiler Energiequellen mit CO2-Abscheidung gewonnen wird.“

 

Ein Beschluss über den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke ist ein kleiner Schritt für 736 Bundestagsabgeordnete, aber ein großer Schritt nach vorn für 83 Millionen Bürger unseres Landes.

 

Lassen Sie uns diesen klimaschädlichen nationalen Alleingang beenden!

 

AUTORENINFO

 

Prof. Dr. André D. Thess leitet das Institut für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung an der Universität Stuttgart.

 

Petition zur Atomkraft - Den klimaschädlichen nationalen Alleingang beenden | Cicero Online

 



 

Planlos in die Planwirtschaft

 

In der ökologischen Transformation der Wirtschaft setzt die Ampel lieber auf staatliche Planvorgaben als auf die freien Kräfte des Marktes. Dies ist nicht nur teuer, sondern geht auch mit tiefen Eingriffen in die individuellen Freiheitsrechte einher.

 

Joachim Weimann am 15. März 2023 in CICERO ONLINE

 

Eigentlich sollte die Sache klar sein. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs konnte sich jeder mit eigenen Augen davon überzeugen, dass die sozialistische Planwirtschaft nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Gesellschaften, denen sie aufgezwungen wurde, zugrunde gerichtet hat. Besonders offensichtlich war ihr Versagen im Bausektor und beim Umweltschutz.

 

Die DDR hatte es geschafft, die Altbauten bis auf die Substanz abzuwirtschaften und eine Neubauwüste zu hinterlassen, die aus monotonen Plattenbauten bestand, die kleine Wohnungen niedrigster Qualität boten, die wegen der eklatanten Wohnungsnot dennoch heiß begehrt waren. Bis zum Schluss wurden in der DDR viele Ehen nur deshalb geschlossen, weil sich durch die Heirat die Aussichten auf die begehrten Zweiraumwohnungen in der Platte verbesserten. Die staat-lich gesteuerte Herstellung von Wohnraum hinterließ ein Desaster.

 

Bei der Umwelt war es nicht besser. Wer wissen wollte, warum die Lebenserwartung in der DDR um Jahre geringer war als in Westdeutschland, musste nur den Universitätsturm im Zentrum von Leipzig besteigen. Als ich dies 1989 tat, hätte ich eigentlich einen herrlichen Blick auf die Stadt haben müssen, denn es war ein strahlend schöner Tag, aber statt dessen sah ich auf eine undurchdringliche Smog-Schicht, die über der ganzen Stadt lag. Nein, wirklich jeder konnte sich überzeugen, dass die Planwirtschaft vollständig gescheitert war. Die westliche Marktwirtschaft war ihr haushoch über-legen.

 

Tiefe Eingriffe in die individuellen Freiheitsrechte

 

Offensichtlich ist das Gedächtnis vieler Politiker und vieler Journalisten zu kurz, um sich an diese Erfahrung zu erinnern. Wie anders ist es beispielsweise zu erklären, dass in Berlin von 2016 bis 2020 mit Frau Lompscher eine Bausenatorin der Linken im Amt war, die als SED-Mitglied ihre ersten Berufserfahrungen an der Bauakademie der DDR gesammelt hatte? Und wie kommt es, dass viele Politiker und Journalisten die Lösung von Problemen auf dem Wohnungsmarkt in einem staatlich gelenkten Wohnungsbau sehen?

 

Noch dramatischer ist die Situation in der Umweltpolitik und hier vor allem beim Klimaschutz. Auch hier stellt sich die Frage, ob man beim Umbau der Wirtschaft auf Märkte vertraut und den Emissionshandel oder eine CO2-Steuer als Instrument wählt, oder zu Kommando and Kontrolle, also der planwirtschaftlichen Variante, greift. Letzteres ist in-zwischen die Regel und die Verbote und Gebote, die der staatliche Planer einsetzt, um die große Transformation zu erzwingen, greifen immer tiefer in die individuellen Freiheitsrechte ein und zeigen immer deutlicher die dramatischen Folgen der Planwirtschaft.

 

Wir sollen nicht mehr wählen dürfen, welche Art von Auto wir fahren oder wie wir unsere Häuser bauen. Die Techno-logie, die für die Energieerzeugung eingesetzt werden darf, wird staatlich festgelegt, und ob wir das Flugzeug benutzen oder ob und wo wir überhaupt noch Urlaub machen, wird in entsprechenden Kreisen schon lange hinterfragt. Auch das Ziel ist durch den Plan des Staates fest und unverrückbar vorgegeben: Deutschland muss klimaneutral werden, egal wie.

 

Ins moralische Abseits stellen

 

Dieses Ziel zu hinterfragen ist ausgeschlossen. Wer es dennoch tut, wird ins moralische Abseits gestellt – eine Methode, die auch in der DDR sehr beliebt war. Dabei sollte doch eigentlich klar sein, dass es beim Klimaschutz nicht darum geht, wer als erster klimaneutral ist, sondern darum, die globalen CO2-Emissionen so weit abzusenken, dass der Erderwär-mung Einhalt geboten wird. Deutschland mit der klimapolitischen Brechstange klimaneutral zu machen, führt zu extrem hohen Lasten und Kosten. Es wäre mit Leichtigkeit möglich, eine Klimapolitik zu betreiben, bei der Deutschland nicht klimaneutral wird, weniger Lasten entstehen, aber deutlich mehr CO2 eingespart wird – aber das sieht der Plan leider nicht vor.

 

Ganz besonders deutlich wird der Unterschied zwischen Markt und Plan, wenn es darum geht, im Wärmemarkt CO2 einzusparen. Minister Habeck und sein Staatssekretär Graichen haben sich für planwirtschaftliche Brachialgewalt ent-schieden. Sie verbieten einfach fossil betriebene Heizungen und zwingen Hausbesitzer zum Einbau einer Wärmepumpe.

 

Sowohl die dadurch verursachten Kosten als auch die Menge CO2, die dadurch eingespart wird, variieren sehr stark,

weil beides von einer ganzen Reihe von Parametern abhängt. Das Alter des Hauses spielt eine Rolle, die Dämmung,

die Heizungsanlage und nicht zuletzt die Frage, welche Heizung ersetzt wird.

 

Die Kosten bewegen sich allerdings grundsätzlich im fünfstelligen Bereich und die eingesparten CO2-Mengen sind überschaubar. Da Wärmepumpen erst dann klimaneutral sind, wenn der Strom, den sie massenhaft verbrauchen, ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammt, lassen sich durch eine Wärmepumpe nur 3 bis 4 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Die Kosten pro Tonne variieren dabei von einigen hundert bis weit über tausend Euro pro Tonne.

 

Für die wenigsten Hausbesitzer rechnet sich die Investition und insbesondere die Besitzer von Altbauten können sich sehr ernsten Problemen gegenübersehen, weil sie unter Umständen nicht nur die Wärmepumpe, sondern auch eine zusätzliche Hausdämmung finanzieren müssten, wenn sie nicht frieren wollen. Das kann zu extremen Belastungen führen. Deshalb wird der ersten Regulierung auch gleich die zweite nachgeschoben: Um die schlimmsten Folgen abzu-federn wird es Transfers geben, d.h. alle Steuerzahler werden zur Deckung der viel zu hohen Kosten herangezogen.

 

Marktwirtschaftliche Alternative

 

Wie sieht die marktwirtschaftliche Alternative aus? Sie besteht darin, den Wärmemarkt in den Europäischen Emissions-handel (ETS) zu integrieren. Die EU legt für den ETS-Sektor (zu dem dann auch der Wärmemarkt zählt) eine CO2-Höchst-menge fest, die pro Jahr emittiert werden darf und die jährlich abgesenkt wird. Über diese Menge werden Emissions-rechte ausgegeben, die handelbar sind. Jeder, der CO2 emittiert, muss ein entsprechendes Recht erwerben. Da die Anzahl der Emissionsrechte fix ist, bedeutet das, dass die Emissionen, die beispielsweise durch eine Ölheizung verur-sacht werden, an anderer Stelle eingespart werden müssen. Der Preis für das Emissionsrecht signalisiert die Kosten,

die dabei anfallen.

 

Besitzer von fossilen Heizungen müssten deshalb die Kosten für die Einsparung der CO2-Emissionen übernehmen, die sie selbst verursachen, oder sie sparen diese Kosten, indem sie eine CO2-freie Heizung einbauen. Die Entscheidung darüber trifft allein der Hausbesitzer und natürlich werden dabei die jeweiligen Gegebenheiten berücksichtigt. Im Ergebnis kommt es nur dort zu einer neuen Heizung, wo die Kosten niedriger sind als bei allen anderen Möglichkeiten der CO2-Vermeidung, die es im ETS-Sektor gibt. Das dürfte äußerst selten der Fall sein.

 

Planvorgaben sowjetischer Art

 

Die Marktlösung sichert, dass die CO2-Emissionen in Europa sicher und planbar abgesenkt werden. Sie überlässt dabei die Entscheidung über die Art und Weise der Vermeidung von CO2 den einzelnen Emittenten, kommt fast ohne staat-lichen Zwang aus und minimiert die Lasten und Kosten, die die Klimapolitik nun einmal auslöst.

 

Wo ist der Haken? Im Grunde gibt es keinen, aber die Vertreter einer planwirtschaftlichen Lösung haben einen erfun-den: Die Marktlösung stellt nicht sicher, dass Deutschland schnellstmöglich klimaneutral wird. Es könnte ja sein, dass die Vermeidung von CO2 außerhalb Deutschlands viel günstiger möglich ist und der Markt deshalb auf nicht-deutsche Vermeidungen zurückgreift.

 

Das ist eigentlich sehr vernünftig, aber mit der Planvorgabe nun einmal nicht zu vereinbaren. Am Plan darf nicht ge-zweifelt werden. Der Plan ist auf jeden Fall richtig. So war es in der Sowjetunion und so war es in der DDR. Und so soll

es wohl auch bei uns sein. Leider ist dieser Vergleich keine Übertreibung, wie sich an dem letzten Beispiel für planwirt-schaftliche Klimapolitik zeigt.

 

Sehr hohen Preis für keinen Klimaschutz

 

Kanzler Scholz hat gesagt, dass in Zukunft fünf bis sechs Windkraftanlagen pro Tag errichtet werden sollen. Das klingt wie die Verkündigung des nächsten 5-Jahresplans durch die SED. Aber die SED hat wenigstens sinnvolle Ziele gesetzt: Wohnungen und Autos bauen. Windkraftanlagen sind als klimapolitisches Instrument dagegen vollkommen sinnlos.

 

Wie bereits gesagt, die EU legt für den ETS-Sektor eine Höchstmenge für die CO2-Emissionen fest und vergibt eine entsprechende Menge an Emissionsrechten. Der Energiesektor ist Teil des ETS-Sektors. Wenn also Deutschland versucht durch Windkraft klimaneutral zu werden, hat das auf die Anzahl der Emissionsrechte in Europa keine Auswirkung. Die Rechte, die wir in Deutschland durch Windkraft sparen, werden verkauft und an anderer Stelle ausgeübt.

 

Es kommt deshalb nicht zu einer Einsparung von CO2 in Europa, sondern nur zu einer Verlagerung der Vermeidung nach Deutschland – also dorthin, wo es besonders teuer ist. Den anderen Europäern kann es recht sein, denn die horrenden Kosten tragen ja allein die Deutschen. Um es polemisch zuzuspitzen: Der planwirtschaftliche Ausbau der Windkraft in Deutschland ist die schlechteste denkbare Klimapolitik, denn sie bezahlt einen sehr hohen Preis für

keinen Klimaschutz – so etwas hat nicht einmal die SED hinbekommen.

 

Joachim Weimann ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Magdeburg.

 

Klimapolitik der Ampelkoalition - Planlos in die Planwirtschaft | Cicero Online