Karl Lagerfeld sagte 2015 nach Merkels Einladung an die muslimischen Flüchtlinge:
„Selbst wenn Jahrzehnte dazwischen liegen, kann man nicht Millionen Juden töten
und später dann Millionen ihrer schlimmsten Feinde nach Deutschland holen."
Jubel über Terror
Deutschland muss realistischer auf seine muslimischen Migranten schauen
Oliver Maksan - NZZ - 20.10.2023
Auf der Berliner Sonnenallee nahmen am Mittwoch trotz Verbot wieder zahlreiche Personen an einer israelfeindlichen Demonstration teil.
Die Frage, ob der Islam und die von ihm geprägte Kultur zu Deutschland gehören oder nicht, stellt sich mit neuer Dringlichkeit. Zwar gehen generelle Verdächtigungen stets fehl. Dennoch ist es höchste Zeit, genauer als bisher hinzuschauen.
Dass verschiedene Islamverbände Hamas und Terror nicht in einem Satz zusammenbringen können, führt das Problem deutlich vor Augen. Dass arabischstämmige Migranten in deutschen Städten unter «Allahu akbar»-Rufen auf die Strasse gehen, um gegen Israel zu protestieren, auch. Wären die Vorfälle nicht so schlimm, müsste man fast dankbar sein: Denn sie haben das Zeug, augenöffnend zu wirken.
Das bisherige deutsche Dogma will es, dass Zuwanderung immer als Bereicherung zu gelten hat. Wo sie es nicht ist, liegt es am mangelnden Aufnahmewillen der Mehrheitsgesellschaft. Doch auch Deutschlands Linke muss dieser Tage erkennen, dass sich der Grad der Integrierbarkeit von Menschen nicht allein an der Beschäftigungsquote und der Bereitschaft zum Spracherwerb messen lässt.
Ökonomische Faktoren sind für eine gelingende Integration zwar notwendig. Hinreichend sind sie aber nicht. Damit Aufnahmegesellschaft und Neuankömmlinge ein stabiles und nicht nur ein behauptetes Wir werden können, kommt
es vor allem auf die Verträglichkeit zwischen angestammter und eingewanderter Kultur an.
Kulturelle Bruchlinien werden sichtbar
Ausweislich des World Values Survey liegen der afrikanisch-islamische Kulturkreis und der protestantisch-europäische,
zu dem auch Deutschland gehört, aber besonders weit auseinander. Das hätte man angesichts von patriarchal geprägten Parallelgesellschaften in Berlin, Duisburg und Essen schon lange wissen können.
Mit Blick auf Israel treten diese Bruchlinien aber besonders deutlich hervor. Kein Gegenstand definiert die deutsche Leitkultur schliesslich so stark wie das «Nie wieder» und das daraus abgeleitete Bekenntnis zum jüdischen Staat.
Umgekehrt prägen die Feindseligkeit gegen Israel und die mal religiös, mal nationalistisch begründete Abneigung gegen Juden die Länder des Nahen Ostens. Mit der andauernden Einwanderung von Menschen aus diesem Kultur-
kreis wandern aber, wenig überraschend, auch deren Einstellungen mit ein.
Die Deutschen nehmen diesen Wandel mit wachsendem Unbehagen zur Kenntnis. Glaubt man einer neuen Umfrage, halten mehr als siebzig Prozent von ihnen die Zuwanderung von Menschen aus stark muslimisch geprägten Ländern mittlerweile für ein hohes Sicherheitsrisiko. Zum Vergleich: Noch vor fünf Jahren sprachen sich mehr als siebzig Prozent der Befragten dagegen aus, die Zuwanderung aus islamischen Ländern zu unterbinden.
Gewiss, die Fragestellung war eine andere. Doch der Umschwung in der öffentlichen Meinung ist offenkundig.
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Die politische Klasse in Deutschland hatte bis vor nicht allzu langer Zeit gehofft, das leidige Thema Islam und Ein-wanderung zu den Akten legen zu können. Für Probleme bei Fragen des Zusammenlebens war 2006 schliesslich
die Deutsche Islamkonferenz ins Leben gerufen worden. Der damalige Bundespräsident Christian Wulff von der CDU ging dann für die deutsche Mehrheitsgesellschaft in Vorleistung und erklärte 2010, dass der Islam mittlerweile auch
zu Deutschland gehöre.
Kanzlerin Angela Merkel, eine Parteifreundin Wulffs, liess das Wörtchen «auch» 2015 dann ganz weg – und öffnete
im selben Jahr die Grenzen für eine massenhafte Asyleinwanderung aus überwiegend islamisch geprägten Ländern.
Die Stimmen Hellsichtiger wiesen bereits damals warnend darauf hin, dass ein einseitig humanitärer Blick kulturelle Folgeschäden nicht zu erkennen vermag. Sie wurden wahlweise ignoriert oder als politisch fragwürdig markiert.
Anzeichen für ein Umdenken
Man kann nur hoffen, dass jetzt ein Umdenken einsetzt. Erste Anzeichen gibt es. So hat das deutsche Innenministerium den Zentralrat der Muslime in Deutschland am Dienstag erst gar nicht zum Gespräch über die Lage nach den Terror-anschlägen der Hamas in Israel eingeladen. Offenbar glaubt man nicht, dass die Gruppe mit ihrem lange hofierten Präsidenten Aiman Mazyek noch Teil einer Lösung sein kann.
Hoffnungsfroh stimmt, dass auch Vertreter der Grünen wie Landwirtschaftsminister Cem Özdemir es an der Verur-teilung des eingewanderten Antisemitismus nicht fehlen lassen. Seine Partei, die lange und heftig gegen die Vor-stellung einer deutschen Leitkultur polemisiert hat, wird dieser Tage eines Besseren belehrt. Sie muss erkennen,
dass sich das deutsche «Nie wieder» nicht einfach verordnen lässt. Es muss aus Überzeugung mitgetragen werden. Genau das ist mit Leitkultur gemeint.
Vor diesem Hintergrund wird dann auch die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, lösbar. Sie kann positiv aber nur von den Muslimen selbst beantwortet werden. Die Zeit der vom deutschen Staat ausgestellten Blankochecks sollte endgültig vorbei sein.
Die offene Gesellschaft muss viel aushalten – aber keine Terrorverherrlichung
In migrantisch geprägten Quartieren feiern Menschen auf offener Strasse den Angriff der Hamas auf Israel. Liberale Staaten dürfen das nicht hinnehmen, sie sollten allerdings auch nicht in Panik verfallen.
Rewert Hoffer, Berlin - 17.10.2023
Wie frei eine Gesellschaft wirklich ist, lässt sich erst im Ausnahmezustand beurteilen. In normalen Zeiten bekennt sich jeder gern zur offenen Gesellschaft, zum Minderheitenschutz und zur Meinungsfreiheit. Sobald allerdings eine Pan-demie wütet oder Krieg herrscht, erstarkt die autoritäre Versuchung. So auch jetzt.
Die grosse Mehrheit der Menschen im Westen ist schockiert vom Jubel arabischstämmiger Menschen, sei es in Berlin-Neukölln oder im Londoner Stadtteil Kensington. Sie ist erschüttert darüber, dass sogenannte propalästinensische Organisationen Süssigkeiten verteilen, um die Mörder der Hamas zu feiern.
Sollten liberale Staaten so etwas hinnehmen? Die Antwort lautet Nein. Die Verherrlichung von Terror, der Aufruf zum Mord an Juden und das Absprechen des Existenzrechtes von Israel dürfen von freiheitlichen Gesellschaften nicht zugelassen werden. Hier verläuft die Grenze der Meinungsfreiheit.
Diese Grenze können und müssen westliche Staaten verteidigen – mit Mitteln, die dem Geist der Aufklärung ange-messen sind. Dazu gehört auch, dass sie alle Äusserungen und Taten, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, tolerieren müssen. Es gilt, den Feinden der Freiheit und der Menschlichkeit entschlossen und wehrhaft zu begegnen
– nicht aber panisch.
Der autoritäre Reflex
Wie eine panische und vom Drang zur schnellen Profilierung ausgelöste Reaktion aussehen kann, konnte man dieser Tage in Deutschland beobachten. Am Montag brachte der Generalsekretär der CDU, Carsten Linnemann, den Entzug der Staatsbürgerschaft für all jene ins Spiel, die den Angriff der Hamas in Neukölln gefeiert hatten.
Dem Christlichdemokraten sei ein Blick in das Werk einer der grössten politischen Theoretikerinnen des 20. Jahr-hunderts empfohlen. In «Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft» schreibt Hannah Arendt: «Denaturalisierung
und Entzug der Staatsbürgerschaft gehörten zu den wirksamsten Waffen in der internationalen Politik totalitärer Regierungen.» Die Jüdin Arendt hat während des Nationalsozialismus am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet,
wenn einem mit der Staatsbürgerschaft das «Recht, Rechte zu haben», entzogen wird.
Linnemanns Vorschlag ist einer liberalen Gesellschaft unwürdig – auch nach einem Tag, an dem so viele Juden ermordet wurden wie seit dem Holocaust nicht mehr. Es braucht keinen Griff in den Werkzeugkasten autoritärer Regime, um dem menschenverachtenden Hass der Hamas-Anhänger wirksam zu begegnen. Die Instrumente gibt es bereits, sie müssen nur angewendet werden.
Was die liberale Demokratie aushalten muss
Für Volksverhetzung ist in Deutschland eine bis zu fünfjährige Freiheitsstrafe vorgesehen. Auf «Billigung einer Straftat» stehen bis zu drei Jahre Gefängnis. Beides sollte man den Feiernden und Süssigkeitenverteilern nachweisen können. Gerichte müssen die existierenden Paragrafen nur konsequent anwenden.
Judenhass, Verherrlichung von barbarischem Terror und Aufrufe zum Mord können und sollen verboten werden. Alles, was nicht strafrechtlich relevant ist, muss eine liberale Demokratie allerdings aushalten können – auch wenn es schmerzt.
Man kann es ablehnen, wenn Menschen dieser Tage in den Strassen palästinensische Flaggen schwenken oder –
gerade jetzt – auf Demonstrationen die «koloniale» Politik Israels in Gaza anprangern. Doch im Gegensatz zu Gaza
sind freie Meinungsbekundungen in Ländern wie Deutschland, Grossbritannien oder Israel möglich. Sie müssen es
auch in Zukunft sein.
Gerade in einer Ausnahmesituation wie der gegenwärtigen ist es menschlich verständlich, scharfe und immer schärfere Instrumente zu fordern, wie etwa Ausbürgerungen. Diese allerdings würden nur die Symptome bekämpfen, nicht die Ursachen. Die offene Gesellschaft darf den Feinden der Freiheit gegenüber nicht naiv sein. Sie darf ihnen aber auch nicht die Genugtuung verschaffen, dass sie ihre eigenen Ideale vergisst.
Israel und seine Feinde: Der Rechtsstaat muss wehrhaft, aber nicht panisch sein (nzz.ch)