Hegemoniale Mächte in Konflikten

 

 

 

Schöne Worte sind nicht wahr.

Wahre Worte sind nicht schön.

 

Lau Dse

 

 

Konkurrenz und Konflikte zwischen den Hegemonialmächten

 

Hegemoniale Mächte hat es immer gegeben, solange uns die Frühgeschichte der Kulturen bekannt ist. Hegemoniale Mächte haben sich immer schon durch eine Verbindung von wirtschaftlicher und militärischer Stärke ausgezeichnet,

die jedoch immer erst durch bestimmte kulturelle Voraussetzungen ermöglicht wird. Zu diesen kulturellen Voraus-setzungen gehörten über viele Jahrhundertre die religiösen Kulte als den formierenden Kernpraktiken und weltan-schaulichen Kernüberzeugungen in den jeweiligen Kulturen. Daher war der Kampf zwischen den Kulturen und Völkern in früheren Zeiten immer auch ein Streit um die "wahren Götter" bzw. die "richtigen Gottesbilder".

 

Die Renaissance und die Reformation waren die treibenden kulturellen Voraussetzungen für den hegemonialen

Vorsprung Europas bis in die Neuzeit und Moderne hinein. Seit der Neuzeit und Moderne ist jedoch an die Stelle des früheren Streites um die "wahren Götter" in den Kulturen der Antike und des Mittelalters ein säkularer Wettstreit zwischen den ökonomisch-politischen und religiös-weltanschaulichen Kulturen getreten.

 

Erst im 20. Jahrhundert haben nach den beiden Weltkriegen die Vereinigten Staaten von Amerika die hegemoniale Führungsrolle von Europa übernommen. Mit der hegemonialen Führungsrolle der USA war und ist jedoch eine derart verschwenderische Lebensform, Kultur und Wirtschaftsweise verbunden, dass deren rücksichtsloser Umgang mit Bodenschätzen und deren Verbrauch von fossilen Energien durch eine weitgehend unregulierte Marktwirtschaft

für Mensch und Natur höchst gefährlich geworden ist.

 

Klar ist jedenfalls, dass dieser verschwenderische Verbrauch von Energieressourcen kaum von anderen Völkern und Nationen auf der der Menschheit nachgeahmt oder gar erreicht werden könnte, ohne die natürlichen Lebensgrund-lagen auf der Erde für die ganze Menschheit endgültig zu zerstören. Die USA leben mithin auf Kosten der ganzen Menschheit. Es kommt jedoch noch viel schlimmer, denn China schickt sich als rivalisierende Hegemonialmacht an,

mit ihrem staatlich gelenkten Kapitalismus ohne Bürger- und Menschenrechte den USA im maßlosen Ressourcen-verbrauch nachzueifern.

 

Die treibenden Kräfte für die kulturelle und politische Entwicklung der Völker und Nationen im 20. Jahrhundert sind

seit dem ökonomisch-politischen Systemkonflikt zwischen einem staatlich gelenkten Sozialismus und  einer mehr

oder weniger kontrollierten Markwirtschaft die folgenden fünf kulturellen Elemente:

  • ein möglichst hoher Grad der Alphabetisierung und eine möglichst breite und solide Schulbildung,
  • staatliche Förderung eines öffentlichen Bildungswesens in theoretischen, praktischen und poietischen Disziplinen,
  • Spitzenforschung und herausragende Lehre an den Akademien, Hochschulen und Universitäten,
  • praxisorientiertes Training in den praktischen Wissenschaften von Jurisprudenz, Medizin, Wirtschaft und Politik,
  • staatliche Förderung eines öffentlichen Gesundheitswesens, das dem Gros der Bevölkerung zugute kommt.

Diese fünf kulturbildenden Kräfte ermöglichen, forcieren und beschleunigen die Entwicklung der Wissenschaften und

Künste als den notwendigen Bedingungen der Entwicklung wirtschaftlicher und militärischer Stärke nicht nur in den Hegemonialmächten, sondern auch in anderen, weniger mächtigen Völkern und Nationen.

 

Tragisch ist, dass derzeit keine der drei großen zeitgenössischen Hegemonialmächte, also weder China, Russland noch die USA alle diese fünf  Elemente für eine gute kulturelle und politische Entwicklung erfüllt. Denn die größte Gefahr für diese kulturbildenden Kräfte sind autokratische Regierungen, resistente Clan-Strukturen, einige superreiche Personen, marktbeherrschende Monopolkonzerne, mächtige Diktatoren und einflussreiche Oligarchen, weil sie zumindest die demokratischen Voten verzerren oder sogar die demokratische Willensbildung überhaupt korrumpieren, sodass die allgemeinen menschlichen Grundbedürfnisse der Bevölkerung übergangen werden und sich im ganzen politischen System Lobbyismus und Korruption ausbreiten können. Dadurch werden das institutionalisierte Recht ausgehöhlt und die persönliche Moral angegriffen, wodurch die allgemeine Zufriedenheit mit der Lage der eigenen Nation geschwächt wird, sodass die persönliche Motivation zur allgemeinen Fairness in Familie, Beruf und Steuerwesen sinkt und dann auch das Engagement für das öffentliche Wohl über den nackten Eigennutzen hinaus erodiert.

 

Demokratie, Rechtsstaat und soziale Marktwirtschaft sind also nicht nur Selbstzweck oder nur eine schöne Utopie, sondern es handelt sich um notwendige Voraussetzungen für die Entwicklung der Wissenschaften und Künste als

den notwendigen Bedingungen der Entwicklung wirtschaftlicher Blüte und militärischer Stärke zur Selbstverteidigung für möglichst viele Völker und Nationen.

 

Seit der frühen Neuzeit und Aufklärung ist die persönliche Freiheit der Menschen im Hinblick auf die Wahl religiöser Praktiken und konfessioneller Bekenntnisse in fast ganz Europa gestiegen. Religiöse Toleranz und weltanschaulicher Pluralismus anstelle von religiösem Fanatismus und weltanschaulicher Monokultur haben zwar seit der Moderne zu einer verstärkten Säkularisierung beigetragen. Dadurch haben die Wissenschaften und Künste die Religionen und Konfessionen als menschenbildende Lebensformen abgelöst. Das hat jedoch auch zur Stärkung der individuellen Willkürfreiheit ohne ein kommunal verbindliches Verantwortungsbewusstsein geführt und dadurch die praktische Normativität in den Bereichen von Ethik, Moral und Recht geschwächt. Denn die Wissenschaften und Künste können aufgrund ihrer bloß empirischen und bloß pragmatischen Zweckrationalität alleine keine Ethik, keine Moral und keine Grund- und Menschenrechte begründen.

 

Der Rückfall in den politischen Totalitarismus ideologischer Massenbewegungen im Europa des 20. Jahrhundert in Form der verschiedenen Formen von nationalistischem Faschismus, von Nationalsozialismus und internationalen Marxismus-Leninismus bzw. dem sowjetischen Stalinismus war nicht zuletzt auch eine direkte Folge der zum Scheitern verurteilten Versuche, ethische, moralische und grundrechtliche Orientierungen für Medizin, Recht, Ökonomie und Politik auf der Basis des Empirismus und Materialismus des 18. Jahrhunderts, des Naturalismus und Historismus des 19. Jahrhunderts oder auch des Positivismus und Szientismus des 20. Jahrhunderts zu gewinnen.

 

Es wird aus prinzipiellen Gründen auch im 21. Jahrhundert oder in einer noch ferneren Zukunft nicht gelingen. Die logischen, epistemologischen und ontologischen Gründe dafür verstehen meistens nur noch einige wenige, gut ausgebildete amerikanische und europäische Geisteswissenschaftler, Philosophen und Theologen, aber nicht bloß psychologistisch denkende Psychologen und Soziologen, Psychiater und Psychotherapeuten oder gar vorwiegend instrumentalistisch denkende und agierende Businessleute, Coaches und Manager. Dazu muss man nämlich noch verstehen, was wir Europäer trotz aller wissenschaftlichen, technischen, medizinischen und rechtlichen Fortschritte immer noch den Gründern der abendländisch-europäischen Philosophie, nämlich Platon und Aristoteles sowie den beiden Klassikern der deutschen Philosophie, nämlich Kant und Hegel zu verdanken haben.

 

Die uns weitgehend fremde kollektivistische Mentalität der Chinesen ist seit Jahrhunderten durch ganz andere, vorwiegend daoistische und konfuzianische Lehren geprägt. Die Adaption der mehr als nur zweifelhaften ökonomisch-politischen Ideologien von Marx, Engels und Lenin durch Mao Dse Dong war nur ein historisches Zwischenspiel mit den fatalen Folgen einer massenmörderischen Kulturrevolution. Seit China um die letzte Jahrhundertwende jedoch von einem ehemaligen Entwicklungsland zu einer immer weiter wachsenden Militär-, Wirtschafts- und Handelsmacht aufgestiegen ist, die erstmals auch mit Europa und den USA konkurriert, kämpfen die USA um ihre ehemalige Führungsrolle in der sog. westlichen Welt, zu der auch die pazifischen Einwanderer-nationen Australien und Neuseeland gehören und aufgrund von Demokratie, Rechtstaat und Marktwirtschaft auch die ostasiatischen Länder Japan, Südkorea und Taiwan.

 

Das zunehmend autoritär geführte Indien, das sich derzeit von einer anarchischen Massendemokratie mit einer wildwüchsigen, unregulierten Marktwirtschaft hin zu einer hindu-nationalistischen Diktatur zu verwandeln scheint, gehört jedoch definitiv nicht zum sog. Westen. Das von Mahatma Ghandi herbeigeführte Ende der britischen Kolonie hat tragischerweise gerade die historisch einmalige Chance auf den langfristigen Aufbau eines grundrechtlichen Rechtsstaates jenseits des anti-egalitären indischen Kastenwesens verhindert. Gerade Ghandi wusste, dass dieses indische Kastenwesen die Korruption fördert und die ökonomisch-politische Entwicklung hemmt. Inzwischen dient es sogar der Unterdrückung religiöser Minderheiten, allen voran der Muslime, aber auch der Buddhisten, Christen, Parsen und Sikhs.

 

Ohne die für die Entstehung und Erhaltung von Rechtsstaaten günstigen kulturellen Voraussetzungen von liberalem Judentum und protestantischem Christentum war das jedoch kaum möglich, weil die grundsätzliche Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung von Mann und Frau nur durch Säkularisierung der jüdisch-christlichen Gottebenbildlichkeit des Menschen, also von Mann und Frau dauerhaft erreicht werden können. Aufgrund der ökonomischen Belastung der Väter durch die kostspielige Aussteuer für die Väter werden in Indien weibliche Föten massenweise abgetrieben und Frauen werden ohne gerechte Strafverfolgung sogar in Gruppen von

misogynen Männern vergewaltigt, da das Leben von Frauen in der indischen Kultur weniger Wert ist, so wie

das in fast allen Hochkulturen von der vorchristlichen Antike bis ins 20. Jahrhundert hinein der Fall gewesen ist.

 

Die USA scheinen den Verlust ihrer früheren Vormachtstellung seit dem Aufstieg Chinas kaum noch aufhalten zu können. Sie können kaum noch verhindern, dass sie im 21. Jahrhundert durch China als größte Hegemonialmacht abgelöst werden. Denn die innenpolitische Spaltung der USA durch ideologische Kulturkämpfe vor, durch und nach Donald Trump schwächt die ehemalige Vormachtstellung der USA enorm und diese anti-westlichen, ge-fährlichen und spalterischen Kulturkämpfe kommen teilweise über Großbritannien, größtenteils jedoch über das amerikanisch dominierte Internet leider auch auf dem europäischen Kontinent an. Das weltweite Internet ist

nicht nur eine datenfressende Krake und das lukrative Spinnennetz der globalen IT-Konzerne, sondern auch die mediale Propagandamaschine der neoliberalen amerikanischen Unkultur mit ihrer maßlosen Verschwendungs-sucht, mit ihrem nationalen Größenwahn und mit ihrem pseudochristlichen Sendungsbewusstsein.

 

Europa und Russland können auf dieser höchsten Ebene der Konkurrenz zwischen diesen beiden Hegemonial-mächten kaum noch mithalten. Europa als Ganzes genommen ist insbesondere seit dem Brexit sowohl in mili-tärischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht eher geschwächt worden, zumal es noch keinen gemeinsamen atomaren Schutzschirm der EU gibt und zumal mit Großbritannien nicht nur eine (ehemalige) Finanz- und Handelsmacht, sondern auch eine Atommacht aus der EU ausgestiegen ist. Europakritischen und anti-sozialen Amerikanern, wie wir sie hauptsächlich bei den Republikanern finden, hat das vermutlich sogar gefallen.

 

Deutschland und Frankreich mögen bisher vor Italien und Spanien immer noch die führenden Industrienationen in der EU geblieben sein, aber sie können alleine weder den Verlust der britischen Zahlungen an die EU noch den Verlust an atomarer Abschreckung durch Großbritannien ausgleichen. Denn Deutschland verfügt über keine eigenen Atomraketen, um selbst atomar abschrecken zu können, und bleibt dazu bis auf absehbare Zeit auf die auf deutschem Boden stationierten amerikanischen Atomraketen angewiesen. Ein von Frankreich und Groß-britannien gemeinsam getragener atomarer Schutzschirm wird sich seit dem Brexit kaum noch realisieren lassen.

 

Russland ist zwar aufgrund der Anzahl ihrer atomaren Sprengköpfe und Atomraketen als atomare Militärmacht den USA zumindest ebenbürtig und wahrscheinlich sogar überlegen. Aber wirtschaftlich ist und bleibt Russland keine Hegemonialmacht, die mit China und den USA oder auch nur mit Europa konkurrieren könnte. Das liegt nicht zuletzt an der nach dem Zusammenbruch der UdSSR entstandenen Kleptokratie der vom Putinregime aufgebauten Oligarchie, die wie mit ihrem mafiösen Netzwerk ganz Russland mit seinen Bodenschätzen und fossilen Energieessourcen ausbeutet, das ganze russische Volk unterdrückt, die Entstehung einer nicht durch

die staatliche Propaganda und durch den Kreml gesteuerten Demokratie ohne Korruption verhindert, indem

sie die kritische Jornalisten und demokratische Oppositionelle vom Geheimdienst ermorden lässt. Dadurch

wurde nicht zuletzt auch die Entwicklung der zivilen Volkswirtschaft und eines legitimen Rechtstaates zum allgemeinen Wohle des Volkes vereitelt.

 

Der russische Bär liegt zwar in Ketten, aber er wird dadurch immer bissiger, grimmiger und gefährlicher und schlägt zu, wohin seine Pranken reichen. Daher verhält sich Russland aufgrund seiner militärischen Stärke immer wieder wie eine Hegemonialmacht gegenüber einigen ehemaligen Sowjetrepubliken wie Georgien, Moldawien und der Ukraine und unterstützt andere ehemals souveräne Staaten, wie das bedrohte Syrien und einige Staaten in Afrika, die seinen Interessen im kalten Krieg gegen die USA und gegen die NATO dienen. Außerdem verkaufen russische Oligarchen mit Billigung durch den Kreml ihr Erdgas und ihr Erdöl an aufstrebende Schwellenländer

wie Indien oder die Türkei, um ein Gegengewicht gegen den Einfluss der USA und der EU zu bilden. Auf dieser Linie lag auch der Export russischen Erdgases nach Deutschland, primär um daran Milliarden zu verdienen und vielleicht auch sekundär, um Deutschland von russischem Gas abhängig zu machen und um damit ein Gegen-gewicht gegen die USA zu bilden, da Deutschland neben Frankreich (und bis zum Brexit auch Großbrittannien )

die führenden Finanzstandorte und Industrienationen in der EU gewesen sind.

 

Da Putin den Zusammenbruch der Sowjetunion für die größte Niederlage Russlands im 20. Jahrhundert hält,

da sie sich im Krieg gegen Hitlerdeutschland zunächst zu den alliierten Siegermächten zählen konnten, möchte

er den Folgen dieser Katastrophe entgegenwirken, indem er Russland zur alten Größe führt, die das russische Zarenreich vor der Oktoberrevolution von 1917 gehabt hat, wenn auch in neuem Gewand. Dazu betreibt er nicht nur einen propagandistischen Geschichtsrevisionismus, sondern lässt sich auch von antisowjetischen Natio-nalisten wie Iwan Iljin und neo-eurasischen Ideologen wie Alexandr Dugin inspirieren. In seiner anti-westlichen Ideologie und in seinem nationalistischen Abwehrkampf gegen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Marktwirtschaft und Bürgerrechte lässt er sich nach Kräften durch die opportunistische und korrupte Führung der russisch- ortho-doxen Kirche unterstützen und spielt dazu aus macchiavellistischen Propagandazwecken auch den frommen Christen in der medialen Öffentlichkeit.

 

Aber im Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 und auch schon zuvor in der Besetzung der Krim 2014

hat Putin gezeigt, dass er ein eiskalter und raffinierter Machtstratege ist, der nicht vor Täuschungsmänövern

und Grausamkeiten gegen einen ehemaligen "Bruderstaat" und ein friedliches Nachbarvolk zurückschreckt,

wenn es aus seiner russischen Perspektive Gefahr läuft zu einem Mitglied der westlichen EU oder gar zu einem Vasall oder Mitglied des westlichen NATO-Bündnisses zu werden.

 

An diesem Punkt muss man auch als pro-westlicher, aber kritischer Beobachter jedoch zugeben, dass die Außen-politiker der USA an dieser Entwicklung auch nicht ganz unschuldig gewesen sind, auch wenn sie sich formal auf die vökerrechtliche Souveränität der Ukraine und den angeblich ganz einheitlichen Willen der Ukrainer berufen. Denn schon die "orangene Revolution" auf dem Maidan sowie die Aufhebung der Kissinger-Doktrin über die für den Weltfrieden notwendige Bündnisneutralität der Ukraine als "Pufferzone"wurde in Washington vom Pentagon und Außenministerium geplant und durchgeführt, ohne dabei auf die Sicherheitsinteressen der ost-europäischen Nachbarn oder die andere skeptische Einschätzung der Regierungen von Deutschland, Frankreich und anderen Staaten der EU Rücksicht zu nehmen.

 

Die ebenso eigennützige hegemoniale Machtpolitik der USA liegt eben auch nicht immer im Interesse der EU,

wie wir Europäer und Deutsche spätestens seit dem völkerrechtlich ebenso unrechtmäßigen Angriffskriegen gegen den Irak, Syrien und Libyen wissen. In diesem Zusammenhang ist auch die mißtrauische Abhörung des Handys der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel durch den US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst NSA zu verstehen, die auch unter Merkels angeblich so engem Duzfreund Barrack Obama durchgeführt wurde.

 

Die weitgehende Naivität deutscher Regierungsmitglieder gegen Putin vor dem Angriffskrieg gegen die Ukraine und gegen eine ganze Reihe von US-amerikanischen Präsidenten vor und nach Donald Trump ist erschreckend. Schon Joschka Fischer galt jahrelang als beliebtester Politiker Deutschlands, obwohl er immer nur den ange-strengten Verantwortungsträger mimte, sich in Wahrheit aber von der damaligen Außenministerin Madeleine Albright steuern ließ, die selbstverständlich US-amerikanische Interessen vertrat. Ähnliches gilt auch für die eher leichtfüßige und politisch, aber nicht karrieremäßig überkorrekte Außenministerin Annalena Baerbock, die derzeit US-Außenminister Blinken stets zu Diensten ist.

 

Nur wenn die Frauen im Iran auf die Straße gehen und sich gegen den repressiven Kopftuchzwang des Mullah-Regimes sowie ihrer eigenen Haut gegen eine brutale Polizeigewalt wehren, um friedlich und selbstbestimmt leben zu können, dann äußert sie sich die Propagandistin einer "feministischen Außenpolitik" lieber nicht, weil

das Kopftuch auch von ihren islamischen Wählerinnen in Deutschland getragen wird und angeblich ein eman-zipatorischer und expressiver Ausdruck ihrer freien Selbstbestimmung sei. Das ist eine heuchlerische Doppel-moral und janusköpfiger Opportunismus , solange einige prominente und kompetente Islamkritiker*innen

nicht mehr ohne Polizeischutz auf die Straße gehen können, weil sie von militanten Islamisten bedroht werden.

 

Jenseits des immer noch Kalten Krieges zwischen China und den USA und des heißen Stellvertreterkrieges zwi-schen den USA bzw. der NATO und Russland auf dem Boden der Ukraine und zum Leidwesen des ukrainischen Volkes findet seit Jahren auch ein Wirtschaftskrieg zwischen den USA und seinen militärisch verbündeten EU-Handelspartnern statt. Dabei darf man realistischerweise davon ausgehen, dass die Abhöraktionen der NSA

auch der amerikanischen Wirtschaftsspionage dient und nicht nur den nationalen Sicherheitsinteressen der

USA.  Dabei muss Deutschland seit Jahren und Jahrzehnten immer gewisse Einbußen hinnehmen und unfaire Lasten tragen, die zugunsten amerikanischer Interessen gehen.

 

Die deutsche Autoindustrie, namentlich Opel litt unter Entscheidungen der Konzernzentrale von General Motors, bis sie an das französische Konsortium von PSA verkauft werden musste. Die illegalen Manipulationen der Abgas-einrichtungen von Volkswagen und anderen großen Herstellern wurden just dann zuerst von den zuständigen Behörden in Kalifornien aufgedeckt, als VW den japanischen Toyota-Konzern als weltweit größten PKW-Hersteller überholt hatte.

 

Bis heute bleibt es auch ein ungelöstes Rätsel, warum die Konzernleitung der Bayer AG überhaupt so dumm gewesen sein konnte, den umstrittenen Monsantokonzern zu übernehmen, obwohl er das glyphosathaltige Düngemittel Roundup hergestellt hatte, dem immer wieder nachgesagt wurde, dass es krebserregend sei. Dass Monsanto auch schon vor der Übernahme durch die Bayer AG recht aussichtsreiche Verbraucherklagen in mehr-facher Millionenhöhe zu erwarten hatte, konnte ihnen nicht ganz unbekannt gewesen sein. Bayer machte danach Verluste in Milliardenhöhe, die teurer waren als das ganze Unternehmen selbst. War das wirklich nur ein gerisse-nes Täuschungsmanöver und nur eine schlaue Verheimlichung der zu erwartenden Kosten oder waren da auch politische Drohungen oder geheimdienstliche Erpressungen im Spiel? Jedenfalls schadete das einem der größten und zuvor erfolgreichsten deutschen Aktienkonzerne, der anscheinend immer noch ein wichtiger Konkurrent für andere  US-amerikanische Konzerne ist.

 

Überhaupt scheinen deutsche Interessen nur allzu oft auf dem Spiel zu stehen und gerade auch vom "Großen Bruder" in den USA geopfert zu werden, weil wir Deutsche auch über 75 Jahre und fast drei Generationen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges immer noch diejenigen sind, die immer noch für die furchtbaren Kriegs-verbrechen und für den schrecklichen Holocaust der Nazis verantwortlich gemacht werden. Da die psychische Selbstgeißelung durch den deutschen "Schuldkult" anstelle einer verantwortlichen Erinnerungskultur zugunsten unserer deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens und in freundschaftlicher Verbundenheit mit Israel jedoch längst zur tabuisierten Staatsraison geworden ist, und mehr noch als der gemeinsame Glaube der Juden und Christen an einen barmherzigen und eben gerade nicht rachsüchtigen Gott die deutsche Identität bestimmt,

sind deutsche Regierungen nicht nur zu den größten Zahlmeistern in der EU, sondern auch zur Melkkuh anderer Nationen geworden. Von völlig unschuldigen Nachfahren werden von allen Seiten immer noch Reparationen verlangt, als ob es eine archaische "Kollektivschuld" (Karl Jaspers) aller Deutschen gäbe und als ob sie irgendwie auf ewig für die Tatsünden der schrecklichen Nationalsozialisten verantwortlich wären.

 

Der schwindende Glaube an das seelisch befreiende Evangelium in der politisierten EKD, die politisch korrekte, aber eigentlich auch nur falsche Toleranz gegenüber Islamisten und Salafisten von Seiten der Liberalen und Linken und die fragwürdige Vernachlässigung der Solidarität mit unseren Mitbürgern jüdischen Glaubens, die nicht nur unter dem rechten und linken Antisemitismus, sondern auch unter arabischer Israel- und Judenfeind-lichkeit leiden, zwingt uns endlich mit der politisch-korrekten Lebenslüge zu brechen, dass der persönliche Glaube, die überlieferte Religionen und Konfession nur Privatsache seien und in einer freiheitlich-rechtsstaat-lichen Demokratie partout keine öffentliche und politische Rolle spielen dürfen. Das ist freilich kein Plädoyer für

die völlig kontraproduktive Aufladung öffentlicher politischer Diskussionen mit hysterischer Angstmache, wilden Verschwörungsmythen und pseudoreligiöser Propaganda wie in Brasilien oder in den USA. Aber die Gedanken sind auch im Stillen frei, wenn man innerlich durch das Evangelium oder durch die unverfügbare Gnade von diesen immer noch niederdrückenden und unangemessenen Schuldgefühlen befreit wurde.

 

Urteilskraft zu haben ist schön und gut, aber die Urteilskraft kann durch menschliche Emotionen (Empfindungen, Affekte, Gefühle, Leidenschaften und Stimmungen) gestört und vereitelt werden. Die Urteilskraft wächst, gedeiht und reift nur auf dem emotionalen Humus eines innerlich befreiten und besonnenen Herzens. Es gibt jedoch verschiedene Auffassungen darüber, wie jemand zu einem besonnenen Menschen wird, nicht nur stoische, sondern auch jüdische, christliche und islamische, die von der Notwendigkeit der für Menschen unverfügbaren Gnade Gottes ausgehen, die zum inneren Frieden oder zum Frieden mit Gott führen.*

 

Das aber ist das glatte Gegenteil der pseudoreligiösen politischen Propaganda in Brasilien oder in den USA,

die nur schöne Worte macht, um fromme Gefühle für politische Zwecke zu instrumentalisieren. Moderne Demokratien und Rechtsstaaten sind jedoch auf gewisse kulturelle Voraussetzungen angewiesen, die sie

selbst nicht hervorbringen können (Ernst-Wolfgang Böckenförde). Sie können sie auch nicht ad hoc aus

anderen und fremden Kulturen importieren. Denn das jüdische Ethos der Gerechtigkeit und das christliche

Ethos der Barmherzigkeit sind durch nichts Anderes und Fremdes zu ersetzen (Jürgen Habermas).

 

* P.S.: Zum Problem der Urteilskraft, siehe: Wolfgang Wieland, Urteil und Gefühl. Kants Theorie der Urteilskraft oder  Carola Meier-Seethaler, Gefühl und Urteilskraft. Ein Plädoyer für die emotionale Vernunft.

 

Siehe dazu auch die Seite zum Thema Deutsche Identität ohne Nationalismus?